Artikel über geomorphologische Kartierung

Artikel über geomorphologische Kartierung

Wladimir Butwilowski

(Institut für Geographie d. TU Dresden, Deutschland)

Geomorphologische Kartierung: neuer Ansatz – neue Ergebnisse

Zusammenfassung. Im vorliegenden Vortrag wird ein Versuch unternommen, einen neuen theoretischen Ansatz für die geomorphologische Kartierung zu liefern. Es ist selbstverständlich, dass die geomorphologische Kartierung vor allem auf richtigen theoretischen geomorphologischen Darstellungen und Gesetzen basieren muss. Solche Theorien können die neuen Theorien von morphologischer und genetischer Gliederung und Analyse des Georeliefs, von der Entwicklung und morphologischer Abfolge des Denudationsreliefs, von Genese und Paragenese des Akkumulationsreliefs sowie von ihren Verhältnissen sein. Diese Theorien werden auch im Vortrag betrachtet. Es wird behauptet, dass der neue Ansatz zur Organisation der Signaturen bei der geomorphologischen Kartenherstellung und ihrer Legenden sehr nötig ist. Die Legende als konzeptionellen Ausdruck von Kartengrafik muss unbedingt der geomorphologischen Theorie, dem Modell vom Georelief entsprechen. Die Kartensprache soll sehr einfach und anschaulich sein, dazu braucht man möglichst weniger Darstellungsmittel: Linien, Farben, Zeichen, Buchstaben, Schraffuren. Um genügend Information darzustellen, muss fast jede Signatur gleichzeitig mehrere Informationsfunktionen besitzen. Diese Funktionen werden auch im Vortrag betrachtet sowie die Ergebnisse von Verwendung dieser Methodologie bei der geomorphologischen Kartierung des Altaigebirges, die zu neuen Erkenntnissen über die Entwicklung der Region führte. Zum Schluss wird betont, dass die Art und Weise der grafischen Widerspiegelung der Informationen von Struktur, Genese, Alter, Dynamik und Entwicklung aller Natursysteme methodisch gleichartig sein sollte und die Zusammenstellung von allgemeinen geographischen Karten das Hauptziel der geographischen Erforschungen ist.

Резюме. В статье предлагается новый теоретический подход к решению проблем геоморфологического картографирования. Разумеется, что геоморфологическое картографирование прежде всего должно базироваться на правильных теоретических геоморфологических представлениях и законах. Таковыми теориями могут стать новая теория морфологического и генетического анализа георельефа, теория развития и морфологической последовательности денудационного рельефа, генезиса и парагенезиса аккумулятивного рельефа. Суть теорий и их связь с картографированием георельефа кратко изложены в работе, в которой также обращается внимание на проблемы условных обозначений, структуру легенд, информативность геоморфологических карт, что тесно связано с общими картосемиотическими проблемами. Делается вывод, что язык карт должен соответствовать требованиям теории геоморфологии и отражать модели георельефа возможно более простыми, экономными, но наглядными способами, для чего необходимо дать „единицам“ языка карт возможность выполнять несколько информационных функций. На примере Горного Алтая представлены результаты применения новой методологии картографирования, позволившей сделать совершенно новые выводы о структуре, истории развития региона и o закономерностях размещения в его пределах полезных ископаемых.  В заключение подчеркивается, что способы передачи информации о структуре, генезисе, хронологии, динамике и истории развития всех природных систем должны быть методологически одинаковыми, а составление общих тематических географических карт должно быть главной целью географических исследований.

Einleitung

Jede Wissenschaft entwickelt sich entsprechend den Bedürfnissen der Praxis. Wie stark eine Information vom Georelief benötigt wird, zeigen uns riesige Investitionen, die in die Vermessung und Untersuchung des Georeliefs flossen. Wir haben heute einige Darstellungen über die Struktur, Dynamik, Genese und Alter sowie die Klassifikationen des Georeliefs. Das ist eine kolossale Information, die man umfassend und effektiv benutzen muss. Noch im Altertum stand eine Frage, wie die Information von Umwelt so zu fixieren und anzuordnen, um diese Information leicht lesen, verstehen, übergeben, benutzen und bewahren zu können. Und jemand kam auf eine geniale Idee, die Lage der Objekte der Erdoberfläche auf einer kleinen Fläche aus Stein, Papier oder Ton in der Art einer proportional verkleinernden Kopie anzuordnen. So ist das Urbild heutiger Karten geboren.

Aber diese Karten zeigten noch nicht, wie die Objekte im Raum und in der Zeit entstanden, wie sie mit einander verbunden sind, wie und auf welche Weise sie sich bildeten und sich entwickelten. Das ist der Mittelpunkt der Aufgaben von Geowissenschaften sowie der Kartographie, die die Methoden zu Vermittlung der Information schaffen soll, um diese Aufgaben erfüllen zu helfen. Die allgemeinen Karten von Natursystemen sollen konkreten Forderungen entsprechen:

  1. maximal Genauigkeit der Wiedergabe von Elementen eines Systems
  2. maximaler Informationsgehalt, Einfachheit und Anschaulichkeit der Abbildung ihrer Eigenschaften
  3. Anordnung der Information entsprechend einem theoretischen Modell der räumlich-zeitlichen und genetischen Verhältnisse, den Gesetzen der Bildung und Entwicklung der Systemelemente.

Ich meine, dass nur die geologische Kartierung eine gute Lösung dieses Hauptproblems der Kartierung von geographischen Systemen vorgeschlagen hat. Das Wesen der geologischen Kartierung besteht darin, auf dem Lande die Gesteine zu erkennen, ihre Lage zu messen und entsprechend dem Maßstab auf die Karte zu zeichnen. Auf der Karte werden außerdem solche Eigenschaften der Gesteine aufgezeigt, die eine räumlich-zeitliche Reihenfolge der Gesteinsbildung ergeben. Diese Eigenschaften werden mit Farben, der besten Mittel der Informationswiedergabe, ausgedrückt. Alle geologischen Eigenschaften von Gesteinen fassen die Geologen in den Legenden zusammen. Die Legende der geologischen Karte ist eine Signatursystematik aus Zeichen, Farben, Buchstaben, Schraffur und Linien, die entsprechend einem theoretischen Modell des geologischen Baues und seiner Geschichte aufgebaut und geordnet sind, wobei jeder Signaturtyp seine besonderen Funktionen hat. Solch eine Legende selbst stellt auch ohne Karte einen bedeutenden wissenschaftlichen Wert dar.

Dieser Ansatz erlaubt leicht und genau einen Einblick in die historische Entwicklung der Lithosphäre, verschiedene Eigenschaften der Gesteine, ihrer Strukturen und Lageverhältnisse. Geologische Karten und ihre Legenden sprechen für sich. Die geologische Kartierung ist gut ausgearbeitet, aber auch hier existieren Probleme: z.B. gibt es in der Geologie keine universellen quantitativen Kennziffern, nicht überall werden die Gesteinsschichten genau korreliert, sie zeigen die geologische Vergangenheit, aber die Perspektive der Entwicklung ist nicht wiedergeben. Mit diesen Problemen muss man sich noch auseinandersetzen.

Was haben wir im Vergleich in der geomorphologischen und geographischen Kartierung? Die Etappe der Aufnahme des Georeliefs und der Landschaften ist abgeschlossen und wurde sehr gut und exakt gelöst, viel besser als in der Geologie. Das hat die Topographie, die die topographischen Karten entstehen ließ, auf welchen Georelief, Vegetation, Hydrographie, Siedlungen und anderes sehr exakt abgebildet sind, geleistet. Aber, wie die Erfahrungen von Geologen zeigten, muss man weiter gehen und das Georelief so kartieren, dass es zusätzlich seine Entwicklung in der Vergangenheit und in der Zukunft ausweisen könnte. Fast alle Geomorphologen sind damit einverstanden. Aber sie schlagen verschiedenen Wege zur Lösung dieser Probleme vor. Doch, wie die Erfahrungen von Geologen gezeigt haben, gibt es nur einen Weg, und diesen Weg müssen wir finden.

Die Diskussion über die Richtungen der Georeliefkartierung ist im Gange (Handbuch…, 1976; Geomorfologiceskoe…, 1978; UFIMCEV, 1988; KUHLE, 1990; u.a.), aber leider bringt sie keine qualitativ neuen Ideen, und die alten Ansätze entsprechen aktuellen Bedürfnissen nicht. Als Ergebnis davon ist eine geomorphologische Karte z.B. in Russland bei neuen Anleitungen für geologische Aufnahmen nicht mehr unbedingt erforderlich. Auch in Deutschland ist jetzt die geomorphologische Kartierung GMK-25 eingestellt und wurde scharf kritisiert (KUHLE, 1990). Es soll gesagt werden, dass die Kritik an der heutigen geomorphologischen Kartierung berechtigt ist. Wir bieten schlechte Karten. Die Benutzer brauchen solche Karten nicht, sie sind gezwungen, sich mit topographischen Karten zu begnügen, in welchen das Georelief einfach, exakt und günstig dargestellt ist.

Woher entstehen die Mängel von geomorphologischer Kartierung? Das sind die Mängel des theoretischen Konzepts der Geomorphologie, der Kartensprache und Legende geomorphologischer Kartographierung. Diesen Problemen schenken Geomorphologen und Kartographen nicht genug Beachtung, und im Ergebnis sind die geomorphologischen Karten subjektiv und wenig informativ. Ihre Zusammenstellung gründet sich nicht auf geologische und geomorphologische Gesetze vom Aufbau und der Entwicklung des Georeliefs. Die geomorphologische Kartierung muss aber auf richtigen theoretischen geomorphologischen Konzepten und Gesetzen basieren, um nützlich zu sein. Wir sollten unsere Darstellungen stark überprüfen. Ich meine, dass dieses Problem die Theorie von der morphologischen und genetischen Gliederung und Analyse des Georeliefs, von der Entwicklung und morphologischer Abfolge des Denudationsreliefs, von Genese und Paragenese des Akkumulationsreliefs sowie von ihren Lageverhältnissen in der geomorphologischen Kartierung effektiv lösen kann (BUTWILOWSKI, 1990, 1995).

Kurze Übersicht theoretischer Grundlagen der Geomorphologie

Die Formen der Erdoberfläche (das Georelief) erforschen Geomorphologie und Topographie. Sie sind ihr Objekt. Das Ziel der Topographie ist die exakte quantitative Vermessung und Wiedergabe der Morphologie des Georeliefs in Kartenform. In der Topographie besteht formal strenge Aufgabe, eine exakte quantitative Information vom Georelief zu bekommen. Diese Aufgabe hat bei Anwendung des mathematischen Apparats eine eindeutige Lösung und entspricht den methodischen Forderungen exakter Wissenschaften. Als Ziel der Geomorphologie wird eine exakte Wiedergabe der räumlich-zeitlichen Struktur des Georeliefs, seiner Funktionen, Genese, Dynamik und Geschichte der Entwicklung betrachtet. Dieses Thema ist sehr wichtig und viele Forscher arbeiteten und arbeiten daran (W. PENK, 1924; H. KUGLER u. a, 1980; G.F. UFIMCEV, u.a., 1988; B.G. FJODOROV, 1989; A.N. LASTOCKIN, 1991; W. BUTWILOWSKI, 1995; H. LESER, 1995; F. AHNERT, 1997; u.a.), viele Fragen sind jedoch noch nicht gelöst. Um diese Fragen zu lösen, müssen wir zuerst einfache geomorphologische Begriffe definieren und hier auf die Grundlagen der Geomorphologie fundieren, weil der gegenwärtige Definitionsapparat der Geomorphologie nicht geeignet ist, um formal strenge Aufgaben zu stellen und zu lösen oder theoretische Analyse durchzuführen. Damit kann man sich nicht zufrieden sein, umso mehr als die Geomorphologie im Unterschied zu anderen geowissenschaftlichen Teilgebieten exakte quantitative Angaben ihrer Objekte besitzt und alle Voraussetzungen hat, eine exakte Wissenschaft zu werden. Einige neue theoretischen Lösungen für die Geomorphologie und geomorphologische Kartierung wurde schon vorgeschlagen (BUTWILOWSKI, 1990, 1995). Betrachten wir kurz das Wesen dieser Vorschläge.

Nehmen wir an, dass das Relief eine komplexgeometrische Oberfläche eines Körpers ist und aus mehreren Teilflächen zusammensetzt. Sie bauen die geometrische Figur des Körpers auf. Das Georelief ist das Relief der Erdoberfläche und ist ein zweidimensionales Objekt, das keine Dicke besitzt.

Ein Element ist ein gleichartiger Teil des Ganzen. Nehmen wir an, dass ein Reliefelement ein Teil der komplizierten Oberfläche ist, der keine Krümmung hat. Er ist eine plane geometrische Fläche (nennen wir sie als „Hang“), eben oder steil, klein oder groß. Letzteres hängt von Maßstaben der Erforschungen ab (Fig. 1). Der Hang ist eine ungeteilte Einheit, die aus der eigentlichen Fläche der Erdoberfläche, ihren Umrisslinien und Schnittpunkten besteht. Jeder Hang hat seine spezielle Lage im Raum, seine eigene Größe, Höhe, Exposition und Neigung und wird sehr exakt und einfach aus der topographischen Karte (auf dem Lande) entnommen. Von dieser „Einheit“ werden wir bei der Ausarbeitung der theoretischen Grundlagen der Geomorphologie ausgehen.

Die Landformen bestehen aus Flächenkomplexen, die die sogenannten Berge, Täler, Kessel u.a. bilden. Die komplizierten Teile des Georeliefs (die Landformen) kann man bei der Synthese des Georeliefs in mehrere Gruppen zusammenfassen und ihnen ihre historisch gewachsenen Namen geben. Aber ich möchte bemerken, dass die Verwendung dieser Morphokomplexe in einigen Fälle zur geographischen Charakteristik der Gegend notwendig ist, aber für die Analyse des Georeliefs nicht.

Versuchen wir die Hauptkategorien und Eigenschaften des Georeliefs, seine Hauptaxiome und Gesetze des Zustands und der Änderung zu bestimmen. Empirisch ist bekannt, dass das Georelief auf zweierlei Art und Weise geschaffen und entwickelt wird, und zwar: durch ein Abführen von Stoffteilchen von Reliefelementen (Punkten) und Anhäufung auf anderen Reliefelementen (Punkten). Diese Prozesse sind immer räumlich getrennt (diskret), weil dort, wo der Abtrag läuft gleichzeitig keine Anhäufung sein kann. Das ist das erste Axiom der Geomorphologie. Es führt uns zur Notwendigkeit und zur Zulassung der Teilung des Georeliefs in zwei entgegengesetzte Kategorien: Hänge (und Landformen) des Abtrags (Denudation) und der Anhäufung (Akkumulation). Diese Hänge sind diskret zueinander, aber sie stehen funktional und proportional in Zusammenhang: die Verstärkung des Abtrags von einem Denudationshang führt zur gleich großen Stoffanhäufung bzw. zu einer Neubildung eines Akkumulationshanges. Bei der Abschwächung des Abtrags ist es umgekehrt. Diese Einteilung der Hänge und Landformen widerspricht nicht der formalen Logik.

     Nehmen wir an, dass das Denudationsrelief ein Teil des Georeliefs ist, das sich durch Abtrag der Stoffgesteine bildet und diskordant zu den Gesteinsschichtung ist  (BUTWILOWSKI, 1995). Ich rechne damit, dass daraus formal folgende Axiome, die das Denudationsreliefs (kurz DR) betreffen, zulässig sind:

  1. Das DR ist „ausgeschnitten“ aus der Lithosphäre und entwickelt sich durch Stoffabtrag von seiner gesamten Oberfläche.
  2. Im DR hat die Stoffbilanz immer einen negativen Saldo.
  3. Das DR hat innerhalb seiner Grenzen keine Akkumulationsbereiche.
  4. Lockermaterial darf sich innerhalb das DR nur in der beweglichen Schicht befinden.
  5. Die Wirkung der Denudation auf dem DR ist geologisch ununterbrochen, gleich nachdem sie endet, verliert das DR sofort seinen Status.

Diese Eigenschaften ermöglichen genau Denudationshänge auf der Oberfläche der Lithosphäre auszugrenzen. Ein Merkmal ist, dass sie der geologischen Struktur (der Lage den Schichten) diskordant sind. Das zweite Merkmal ist, dass eine lockere Ablagerungsschicht fehlt, die mächtiger ist als die Dicke der Schicht, die sich unter Wirkung von Schwerkraft bewegen muss. Die vertikale Mächtigkeit der theoretisch beweglichen Schicht (M) hängt von Höhe (H) und Neigung (a) des Hanges ab und ist mit der Formel

                                                           M = H * sin a

zu bewerten. Bei horizontaler Neigung beträgt sie 0, bei vertikaler ist sie gleich der Höhe des Hanges (das gilt nur für die Lockermaterial).

     Aus der Anerkennung der obengenannten formalen Eigenschaften des DR ergibt sich die Möglichkeit und die Notwendigkeit, einige Gesetze der Kinematik von der denudativen Entwicklung des Georeliefs vorzuschlagen, die sehr wichtig für Kartierung des Georeliefs sind.

     1. Die Entwicklung des DR unter der Bedingung der Erhaltung seines Status ist nur möglich bei gleichem horizontalem Zurückgehen aller seiner Punkte. Nur solche Kinematik entspricht dem angenommenen Status des DR und den allgemeinen Gesetzen der Erhaltung von Energie und Masse, der Statik und Kinematik (BUTWILOWSKI, 1995). Dieses Gesetz führt zur Fähigkeit des DR zur Erhaltung seiner ursprünglichen Form im Laufe der weiteren Entwicklung. Das DR migriert in den Raum und bleibt dabei gleich (Abb. 1)

     2. Die Mächtigkeit der denudierten Schicht (D) der Gesteine, die in der Einheit der Zeit gemessen ist, ist umso größer, je steiler der Hang vom DR ist, und kann mit der Formel

                                                          D = S * sin a

beschrieben werden, wobei S die Größe des horizontalen Zurückgehens und a der Winkel der Neigung des Hanges sind. Das zweite Gesetz ist komplementär zum ersten Gesetz. Es präzisiert das Erste und schafft die Möglichkeit für das schnellere Zurückgehen der niedrig liegenden, stärker geneigten Hänge ohne Verletzung des Status des DR.

   3. Auf einem Abtragungsprofil darf die höher liegende Gesamtheit der Denudationshänge sich nicht schneller „zurückgehen“ als die niedrig liegenden Hänge. Sonst entsteht Akkumulation an ihren Grenzen. Das dritte Gesetz präzisiert die Wirkung der beiden ersten Gesetze. Die Entwicklung des Denudationsreliefs verläuft nach diesen Gesetzen. Die Realität der Wirkung dieser Gesetze findet sichere theoretische und empirische Beweise (BUTWILOWSKI, 1995).

Abb. 1.

Bei der Definition des DR nahmen wir an, dass es in die Lithosphäre eingeschnitten sein muss. Seine Hänge müssen diskordant zur Fläche der Gesteinsschichten stehen. Wie kann eine solche Fläche in der Lithosphäre entstehen? Ich meine, nur auf eine Art und Weise: das ist der Bruch dichter Gesteine. Die Fläche dieses Bruchs im Inneren der Erde nennt man als „tektonischen Bruch“. Die Fläche dieses Bruchs auf der Erdoberfläche ist das „Embryo“ des Denudationshanges und gewöhnlich steiler als 45° geneigt. Nach der Entstehung ist sie sofort den Denudationsprozessen ausgesetzt und wird sich im Laufe ihrer Bildung in eine geneigte Denudationsfläche verwandeln (BUTWILOWSKI, 1995). Ein vertikaler Bruch geht z. B. in einen 45o geneigten Denudationshang über. Dieser Zyklus kann sich bis zu 5 Mal wiederholen, wobei sich die Neigung immer halbiert und bei 1,4° Grenzen erreicht, weil bei geringerer Neigung die Bewegung einer lockeren Ablagerung unter alleiniger Wirkung der Schwerkraft unmöglich ist (Abb. 2). Der Prozess der Transformation (oder der embryonalen Entwicklung) der Bruchstufe hört auf, nur wenn sich alles Lockermaterial von dieser Fläche entfernen kann. Das ist nur dann möglich, wenn der Bruch in der Erdkruste wieder aktiv wird und im Relief eine neue Stufe entsteht, mittels derer sich der höher liegende Hang völlig von der Akkumulation befreit und den Denudationsprozessen die Möglichkeit gegeben ist, sich entsprechend den denudativen Gesetzen zu entwickeln. Dieser Hang wird nun parallel zu sich selbst zurückweichen. Der Moment des Erscheinens einer neuen Bruchbewegung ist gleichzeitig der Moment der Entstehung eines Denudationshanges aus der vorherigen Bruchstufe. Dieser Moment (aber kein Moment der Embryoentstehung) bestimmt das Alter dieses Denudationshangs, weil über die gesamte Zeitspanne der Transformation des Hanges die Ungewissheit besteht, ob an diesem Ort ein Denudationshang gebildet wird und welche Neigung er haben wird.

   Empirisch ist festgestellt, dass die Morphologie des DR verschiedenartig ist, meist stufenförmig, am häufigsten beobachtet man steile Hänge, die Berge, Täler und andere Landformen aufbauen. Im Laufe der Entwicklung strebt das DR nach einer Verringerung seiner Steilheit. Es strebt, aber erreicht niemals die horizontale Lage. Die Struktur des DR schaffen nur vertikale tektonische Bewegungen. Sie sind hauptsächlich mit den Veränderungen des isostatischen Zustands der Erdkruste verbunden. Die Denudation der felsigen Gesteine, aus welchen das DR gewöhnlich aufgebaut ist, verläuft sehr langsam und gesetzmäßig. Deshalb kann sich die Struktur des DR nicht umgestalten, oder sie gestaltet sich nur lokal um.

Abb. 2.

Die zweite Hauptgruppe der Hänge (Landformen) entsteht durch die Akkumulation. Das Akkumulationsrelief ist ein Teil des Georeliefs, das sich durch Anhäufung der Stoffgesteine bildet und konkordant zu den Gesteinsschichten ist. Ich rechne damit, dass daraus formal folgende Axiome, die das Akkumulationsreliefs (kurz AR) definieren, zulässig sind:

  1. Das AR bildet sich durch Stoffanhäufung auf seiner gesamten Oberfläche.
  2. Das AR ist eine äußere Grenzfläche der Ablagerung und völlig konform zu ihr, d. h. die Geometrie des AR gleicht der Geometrie innerer Struktur der Ablagerungen, die dieses AR bilden.
  3. Das AR bildet sich bei einem positiven Saldo der Stoffbilanz.
  4. Am Ende der Akkumulation beginnt sofort die Denudation und Verdichtung der Ablagerungen, aber das AR erhält sich solange die letzte zu ihm konforme Schicht nicht abgetragen ist. Dabei ändert sich die Morphologie der Hänge nicht, da wir festgestellt haben, dass die Denudation und die Verdichtung die Formähnlichkeit der ursprünglichen Hänge wahrt (BUTWILOWSKI, 1995).
  5. Das AR entsteht im Moment der Anfang der Wirkung von Akkumulation. Sein Alter ist gleich dem Alter der untersten Ablagerungen, die es aufbauen. Den Zeitpunkt der Beendigung der Bildung des AR können wir nicht immer feststellen, weil nach ihm sofort die Denudation beginnt. Deshalb haben wir keine Ablagerung, die das Akkumulationsende fixieren könnte.

Die genannten Eigenschaften ermöglichten immer die Akkumulationshänge auf der Oberfläche der Lithosphäre zu erkennen. Eines ihrer Merkmale ist ihre Lage, die der Struktur der Ablagerungen entspricht, d. h. konform ist. Das zweite Merkmal ist, dass es hier eine lockere Ablagerungsschicht gibt, die mächtiger als die Dicke der beweglichen Schicht ist.

    Die Entstehung des AR ist nur mit der Denudation verbunden. Wenn irgendwo eine Denudation beginnt, so beginnt irgendwo auch eine Akkumulation. Das Ereignis der Entstehung des AR besteht in der Stoffanhäufung. Die Entstehung der AR-Hänge ist auf einen Halt des sich bewegenden Stoffes oder eines seines Teiles zurückzuführen. Die Art der Stoffbewegung und der Stoffzusammensetzung bestimmen die Struktur der Ablagerung und ihres AR. Aus der Anerkennung der obengenannten formalen Eigenschaften des AR und Ablagerungen ergibt sich die Möglichkeit und die Notwendigkeit, einige Gesetze der Kinematik von der Entstehung und Entwicklung des AR und der Ablagerungen vorzuschlagen.

     1. Im Laufe der Akkumulation erweitert sich das AR nach außen ständig parallel zu sich selbstin jedem Punkt. Nur eine solche Kinematik entspricht dem angenommenen Status des AR (BUTWILOWSKI, 1995).

    2. Das vertikale Absinken des AR bei der Verdichtung seiner akkumulativen Ablagerungen ohne Verletzung seines Status ist nur bei gleichem vertikalen Senkungsbetrag an jedem seinen Punkt möglich. Im Gegenfall entsteht hier sofort ein Bruch in den Ablagerungen und ein Denudationshang, und das AR verliert hier sein Status.

   3. Die Verdichtung (V) der Ablagerungsschicht hängt von der mittleren Größe (K) der Kornteilchen und der vertikalen Mächtigkeit (T) dieser Schicht ab und ist mit der Formel

                                            V = T * [ (L / 2K) + (N / 100)]

definiert, wo L ist die Mächtigkeit der Schicht mit den Teilchen verbundenem Wasser (ungefähr 1 Mikrometer), und N ist das Porenvolumen (von 0,4 bis 90%) der Ablagerung. Die Entwicklung des AR verläuft nach diesen Gesetzen und auch nach Gesetzen vom DR, nachdem die Denudation des AR einsetzt.

     Die Hänge des AR sind verschiedenartig. Meistens sind sie flach. Aber im Laufe der ständigen Akkumulation tendiert AR, die Steilheit seiner Hänge zu vergrößern. Fast die Vertikale wird z.B. bei vulkanischer Akkumulation erreicht. Lockermaterial an der Oberfläche führt dazu, dass das AR geologisch schnell umgebaut werden kann und seine Art und Struktur sich ändert.

     Die Struktur des Georeliefs ist gegeben durch Ordnung und Bau seiner Hänge. Das Georelief besitzt seinen eigenen „geomorphologischen“ Raum, wo seine Raumeinheiten (Hänge) seine Struktur bilden. Empirische Beobachtungen im Laufe einer historischen Periode zeigen, dass die Hänge des Georeliefs nicht gleichzeitig entstehen und sich verändern. Dementsprechend trägt jeder Hang des Georeliefs eine Information, die man relativ zeitlich und nach Art der Entstehung typisieren kann. Man kann die Geschichte der Entwicklung des Georeliefs durch seine Struktur und Struktureinheiten erkennen und darstellen. Zur Festlegung dieser Information ist die Einführung des Begriffs „geomorphologisches Alter“ notwendig. Das Alter ist ein Moment, ein Punkt im Zeitablauf. Die Zeit ist eine Abfolge der Zustände und Veränderungen der materiellen Welt. Die Abfolge ist eine Reihung einer Menge, in der alle Glieder (Zustände, Ereignisse, Änderungen) miteinander mit dem Verhältnis „früher – später“ verbunden sind. Das geomorphologische Alter ist der Moment der Entstehung eines Reliefelements und der individuelle Platz dieses Reliefelements in der Abfolge der Entstehung aller Reliefelemente. Dieser Begriff ist analog zum Alter der Gesteine in der Lithosphäre. Bei einem solchen Verständnis kann die Zeit außerhalb des „geomorphologischen Raums“ nicht bestehen. Daraus folgt die Notwendigkeit der Einführung des Begriffs „geomorphologische Zeit“ als Eigenschaft des Reliefs.

    Es ist notwendig die chronologischen Eigenschaften des DR und des AR zu betrachten. Empirisch ist bekannt, dass die Entwicklung der Denudationshänge immer von der Basis der Denudation kontrolliert wird. Die Basis der Denudation ist die Grenze, unterhalb welcher die Akkumulation geologisch ständig läuft. Unterhalb der Basis ist die Denudation physikalisch nicht möglich, da sie nur der Gravitation unterliegt. Wenn sich die Basis erniedrigt, bilden sich neue Denudationshänge. Erhöht sie sich, beginnt die Akkumulation. Verändert sich die Basis nicht, läuft eine Transformation der Hänge ab. Es ist klar, dass ein tiefer gelegener Hang des DR auf keinen Fall vor dem höher liegenden Hang des DR auf das Niveau der „offenen“ Oberfläche heraustreten kann. Dieses strenge und einfache chronologische Verhältnis der Hänge des DR hat schon 1891 V.V. DOKUCAEV als Axiom formuliert: Jeder benachbarter in der Abfolge von Hängen untergelagerter Hang ist später gebildet als der benachbarte obergelagerte Hang. Daraus und aus den Gesetzen der Entwicklung des DR folgt die wichtigste und strenge Eigenschaft des DR: die Fähigkeit, Information vom Alter der Bildung seiner Struktur zu bewahren über die Zeit seiner nachfolgenden Eigenentwicklung (ähnlich den stratifizierten Gesteinen in der Lithosphäre).

      Das AR hat keine strenge Altersreihenfolge. Das Alter der Hänge des AR entspricht dem geologischen Alter des Stoffes. Geologische Angaben zeigen, dass sich gleichzeitig gebildete AR-Hänge oft auf verschiedenen Höhenniveaus übereinander befinden können, oder sie verschiedenes Alter haben können, sich aber auf gleichen Höhenniveaus befinden. Aber der zum DR-Hang anliegende AR-Hang ist immer jünger als dieser DR-Hang. Der DR-Hang, der den AR-Hang durchschneidet, ist immer jünger als dieser AR-Hang und seine Ablagerungen.

      In der Geomorphologie ist der Begriff „Genese“ erforderlich. Die Genese ist die Art des Prozesses, dass einem Faktor der Bildung des Georeliefs zu eigen ist. Einfacher gesagt, die Genese ist die Antwort auf die Frage: „Wer hat etwas geschaffen und auf welche Art und Weise?“ Die Art und die Typen der Reliefbildungsprozesse kann man exakt aus den Spuren ihres Wirkens (aus der Stoffstruktur der Ablagerungen) erkennen (BUTWILOWSKI, 1995). Deshalb ist das AR sehr informativ für die Feststellung seiner Genese. Eine Information über die Genese des DR kann oft nicht genau bestimmt werden. Seine Hänge sind in Gesteine eingeschnitten, teilw. schon weit vom ihrem „Geburtsort“ zurückgezogen, und oft fehlt der Nachweis von Besonderheiten des Prozesses ihrer Bildung. Über Besonderheiten ihrer Genese kann man nur indirekt über ihre korrelate Akkumulation Aussagen treffen. Zuverlässiger kann man die Prozesse der heutigen und manchmal auch jüngsten Entwicklung des DR aus seiner Morphologie und aus dem stofflichen Aufbau seiner beweglichen Schicht feststellen (BUTWILOWSKI, 1995). Aber diese Information hat keine Beziehung zur Genese der Bildung des DR. Ihre Genese müssen wir immer als allgemein tektonisch-denudativ annehmen.

   Eine wichtige Aufgabe der Geomorphologie ist die Feststellung der Dynamik von Georeliefbildung. Die Dynamik der Bildung des DR widerspiegelt sich in der Morphologie der Hänge, aber nur als qualitativer Zustand. Der Hang ist umso steiler, je intensiver und kürzer sein Bildungsprozess war. Die Dynamik der Bildung des AR kann man über die Struktur seines Stoffes feststellen. Je größer die Stoffteile sind, desto intensiver war die Dynamik. Man kann diese Dynamik auch quantitativ abschätzen.

     Die Umweltbedingungen, in deren sich das Georelief ausbildet und entwickelt, lassen sich Georelief in gesetzmäßigen Zonen organisiert und wenn man dieser Ordnung folgt, so verbinden sich die genetischen und morphologischen Eigenschaften des Georeliefs in einer gesetzmäßigen Reihenfolge (BUTWILOWSKI, 1995). Das ist auch sehr wichtig für geomorphologische Kartierung sowie die neue morphologische Klassifikation der Hänge, die aus den theoretischen Darstellungen folgt (BUTWILOWSKI, 1995). Man darf nicht vergessen, daß die vorgeschlagenen Axiome und theoretischen Lösungen die geomorphologische Realität abstrahieren. Aber ohne einen solchen Ansatz ist es unmöglich, diese Wissenschaft zu entwickeln und ihren praktischen Wert zu steigern. Hierfür sprechen auch die Beispiele von Physik, Chemie, Biologie, die ihren Weg auch als empirische ungenaue Lehren begannen.

Grundprinzipien der geomorphologischen Kartierung

Aber wie können wir diese theoretischen Kenntnisse in der geomorphologischen Kartierung verwenden? Wir sollten zuerst alle Reliefelemente in topographischen Karten ausweisen (Abb. 3). Dieses Verfahren ist sehr leicht und exakt, weil die Merkmale von Hängen einfach und exakt definiert sind. In der topographischen Karte ist ein Hang die Fläche, in der alle Isohypsen geraden verlaufen und zueinander in gleicher Entfernung liegen. Als zweiter Arbeitsschritt ist die Einteilung des Georeliefs in DR und AR erforderlich. Obwohl die Begriffe AR und DR auch exakt definiert sind, fordert dieses Verfahren nicht nur topographische Angaben, sondern auch eine Analyse geologischer Karten sowie geomorphologische Feldbeobachtungen. Dann müssen wir jedes dieser Reliefbestandteile einzeln analysieren.

Abb. 3. Auszeichnen von Reliefelementen (Geofazetten) auf topographischer Karte

Denudationshänge muss man in Morphoniveaus zusammenfassen und für dieses Verfahren reichen gewöhnlich topographische Karten. Das Morphoniveau ist die Gesamtheit der Hänge des DR, die sich auf eine Nahtlinie stützen. Es muss sich immer von den benachbarten Morphoniveaus in seiner Neigung unterscheiden, d. h. immer steiler oder flacher als benachbartes Morphoniveaus sein. Die Nahtlinie ist eine Verbindungslinie zwischen ober- und unterhalb angrenzenden Denudationshängen (Abb. 4). Das Morphoniveau hat einen Informationsgehalt, der mit dem geologischen Begriff Horizont (Schicht) vergleichbar und für die Korrelation der Hänge des DR in Raum und Zeit notwendig ist. Die Morphoniveaus gruppieren sich zeitlich nach dem Axiom „je niedriger, desto jünger“, und bilden im DR die verschiedenen Alterseinheiten. Aber ihre Genese ist nur von einem Typ, tektonisch-denudativ. Man darf für denudative Hängen nur ihre jüngsten Prozesse mit Hilfe der Feldbeobachtungen erkunden und das ist auch eine nützliche Information vom DR, dessen hauptsächliche Eigenschaft seine morphologische Reihenfolge ist.

Abb. 4. Ausgliederung des DR und SR auf topographiescher Karte

     Die bedeutendste Eigenschaft des AR ist neben seiner Morphologie seine Genese, die sich sicher aus der Stoffstruktur ermitteln lässt. Dazu brauchen wir geologische und geomorphologische Daten sowie Feldbeobachtungen. Die Klassifikation des AR liegt schon vor (BUTWILOWSKI, 1995), und wir können sie benutzen. Die chronologischen Eigenschaften des AR sind nicht überall gesetzmäßig. Das Alter von Hängen ist in seiner räumlichen Anordnung oft verworren innerhalb des AR und im Verhältnis zu Denudationshängen. Es wird mit der Lagebeziehung der Hänge, aber auch mit geologischen, physikalischen, archäologischen und chemischen Methoden entschlüsselt. In diesem Falle ist das Alter des AR keine „geomorphologische Zeitangabe“ und befindet sich außerhalb der morphologischen Reihenfolge, aber es kann mit dieser Reihenfolge über die Verhältnisse der Hänge und Ablagerungen korreliert sein. Das Alter des AR wird oft nicht exakt festgestellt und kann nicht als primäre Eigenschaft auf den Karten gezeigt werden. Man darf auf akkumulativen Hängen die heutigen denudativen Prozesse mit Hilfe der Feldbeobachtungen aufdecken und das ist auch nützliche Information vom AR. Das ist im Prinzip alles, was wir für geomorphologische Kartierung an Theorie der Geomorphologie brauchen.

     Aber das reicht nicht. Wir brauchen einen neuen Ansatz zur Organisation der Signaturen bei der Zusammenstellung der geomorphologischen Karte und ihrer Legende. Die Legende stellt ein Schlüsselelement der Kartensprache dar, d. h. sie drückt die Struktur der Sprache, ihren Inhalt, ihre Regeln, ihre „Syntax“ aus. Auch muss die Legende unbedingt der geomorphologischen Theorie, dem Modell vom Georelief entsprechen. Nur dann wird die Kartensprache gut und exakt „sprechen“. Die kartographische Informationsübermittlung muss einfach und anschaulich sein, dazu brauchen wir möglichst wenige Zeichnungselemente: nur Linien, Farben, Zeichen, Buchstaben, Schraffuren und ihre sehr deutlich erkennbaren Abwandlungen. Die Information auf der Karte ist immer exakt an den Raum gebunden und ist immer inhaltsreicher als die Information, die sich im Text der Legende findet. Deshalb ist es nötig, dass die Legende wenige Erklärungstexte enthält, und die Texte nur exakte allgemeine Informationen enthalten, die für alle Objekte der konkreten Signatur gelten. Die Zusatz-Informationen sollen nur die Kartensprache und ihre Signaturen behandeln. Um genügend viel Informationen aufnehmen zu können, muss fast jeder Signaturtyp gleichzeitig mehrere Informationsfunktionen erfüllen. Das gilt vor allem für Punktsignaturen, bei denen über Form, Farbe, Größe, Orientierung gleichzeitig bis 5 Typen an Information übertragen werden können. Die Signaturen müssen wie Buchstaben im Buch funktionieren, nicht wie hunderte Hieroglyphen. Vor allem die Kombinationen von Signaturen auf der Karte und die Struktur der Legende müssen über das Georelief erzählen, sondern nicht der Text der Legende. Die Karte, die eine Legende mit vielen Texterklärungen hat, ist kompliziert in der Informationsvermittlung und hat weniger Informationsinhalt als die Karte, in denen die Signaturen viele Kombination und Funktionen zulassen. Um solche Signaturen zu schaffen, sollten Signaturerklärungen in der Legende sehr kurz, exakt formuliert und spezialisiert sein (Abb. 5).

Abb. 5. Signaturen und ihre Polyfunktionen

Die wichtigsten Eigenschaften des Georeliefs sind das Alter des DR und die Genese des AR. Nur Farben sollten diese Eigenschaften widerspiegeln, weil die Farbe am anschaulichsten ist. Dabei muss jede Farbe gleichzeitig zwei Funktionen erfüllen können: das Alter des DR und die Genese des AR. Z. B. kann grüne Farbe gleichzeitig mesozoisches Alter für das DR und fluviale Genese für das AR wiedergeben. Einen solchen Ansatz fordert die Theorie der Geomorphologie. Wir dürfen nicht die Farben nur für das Alter von DR und AR oder für die Genese von AR und DR verwenden, weil Alter oder Genese in beiden Georeliefgruppen mit theoretisch ganz verschiedenen Prozessabfolgen und Paragenesen verbunden sind. Mesozoisches Alter des DR ist nicht gleich mesozoischem Alter des AR, weil es zwischen der Bildung von Beiden eine unbestimmte Zeitspanne für Stofftransport gibt. Zuerst entsteht der denudative Hang und nur danach entsteht korrelate Akkumulation, deshalb sind ihrer Alter nicht gleich. Also können wir die Farben für Abbildung nur einer Eigenschaft des DR oder AR zuordnen, z. B. nur dem Alter des DR. Das ist zu wenig für die funktionalen Möglichkeiten von Farben. Deshalb müssen wir der Farbe die Funktionen des Alters vom DR und der Genese vom AR zuweisen. Das widerspricht der geomorphologischen Theorie nicht, weil in diesem Fall Farben voneinander unabhängige Eigenschaften bezeichnen. Um besser anschaulich zu sein, soll die Farbe, die die Genese bezeichnet, immer grell sein, und die gleiche Farbe, die das Alter bezeichnet, muss immer bleich sein.

      Leider verstehen viele Geomorphologen bis heute die Notwendigkeit einen solchen Ansatz der Farbenfunktion bei der geomorphologischen Kartierung nicht. Wenn nicht auf diese Weise gelöst, werden die geomorphologischen Karten schwer lesbar und verständlich bleiben. Das wäre auch so bei geologischen Karten, wenn ihre Farbenfunktionen nicht mannigfaltig wären.

     Die Information von Morphologie, Genese, heutigen Prozessen, Dynamik des DR und des AR kann man mit verschiedenen Zeichen wiedergeben. Diese Eigenschaften des DR sollen bunten punktförmige und linienförmige Zeichnen darstellen, wobei ihre Farbe der heutige Prozesstyp ist, ihre Art die Morphologie des Georeliefs bezeichnet und ihre Größe die Dynamik des Prozesses. Die genetischen und morphologischen Verschiedenheiten des AR werden durch schwarzen Signaturen wiedergegeben. Die Zeichengröße verweist auf die Dynamik. Die heute auf dem AR wirkenden Denudationsprozesse werden entsprechend der Prozesse im DR dargestellt. Das Alter des AR wird durch Buchstabenindexe bezeichnet.

Angewandte Ergebnisse

     Eine solche Methodologie der geomorphologischen Kartierung habe ich im Jahre 1989 vorgeschlagen und die Kartierung in den verschiedenen Maßstäben im Altaigebirge realisiert. Welche Resultate haben wir nach der Anwendung dieses Ansatzes im Altaigebirge erhalten? Im Maßstab 1:500000 sind von mir 9 Morphoniveaus ausgeschieden worden. Fünf davon sind relativ steil und vier sind relativ flach. Der Höhenunterschied jedes Morphoniveaus und seine Steile zeugen von der Intensität der vertikalen tektonischen Bewegung und von der Dauer der Transformation des Morphoniveaus zur Zeit seiner Entstehung. In der Lateralen dehnen sie sich mehrere hundert Kilometer aus und umrahmen die Bergketten. Die Höhen ihrer Nahtlinien verändern sich entlang ihrer Erstreckung um 500 – 1000 m, was tektonische Deformationen anzeigt, die nach der Bildung eines Morphoniveaus stattgefunden haben.

     Die Analyse von korrelaten Ablagerungen und von Verhältnissen der Morphoniveaus mit alten geologischen Gesteinen hat gezeigt, dass das Alter einzelner Reliefanteilen im Altai älter (meist viel älter) ist, als man früher angenommen hat. Nur 5% der Fläche hat das Georelief an dem Känozoikum, aber 75% ein Georelief, das im Mesozoikum gebildet wurde. 12% der Fläche, die vom Hochgebirge auf proterozoischen Gesteinen eingenommen sind, haben herzynisches und sogar kaledonisches Alter (Abb. 6). Infolgedessen ändert sich auch das Alter der Landschaften und die Geschichte der kontinentalen Entwicklung der Lithosphäre der Region. Diese Geschichte gliedert sich in 4 großen Epochen der Gebirgshebung, von denen die älteren die größte Intensität und Amplitude hatten (mehr als 1500 – 2500 m), und in 3 lange Perioden von Denudation und Einebnung. Man sollte betonen, dass die Ausprägung des Georeliefs, die Höhe, die Neigungen der Hänge hier in ähnlicher Art über viele dutzende und hunderte Millionen Jahre existieren. Sie sind die Kopien alter Formen des Reliefs und haben sich im Laufe der Entwicklung von dem Ursprung ihrer Entstehung 10 bis 30 km und mehr zurückgezogen. Das sind die neuen Erkenntnisse, die sich aus der Kartierung und exakten Analyse der verschiedenen Abschnitte des Georeliefs ergeben haben. Diese Darstellungen unterscheiden sich von anderen Darstellungen fundamental.

Abb. 6. Beispiel der geomorphologischen Karte 1:50000

Neue Darstellungen von Struktur, Genese, Dynamik, Geschichte der Entwicklung vom Georelief der Region konnten zusätzlich viele Probleme des geologischen Aufbaues, des Magmatismus, der Lagerstätten der Region besser erklären helfen und diese Ergebnisse werden schon praktisch angewendet. Die Analyse der räumlichen Verteilung der Komponenten des Natursystems der Region zeigt auf ihre starke gegenseitige Abhängigkeit, wobei die bestimmenden Faktoren die geographische Lage und das Relief sind. Das überzeugt uns sicher, wie nützlich und günstig geomorphologische Karten sein können. Auch eine wichtige Rolle hatte die Reihenfolge der tektonischen und paläogeographischen Änderungen und Reliefbildung in der Landschaftsbildung. Diese Information stellt uns am besten nur die allgemeine geomorphologische Karte dar.

     Das ist ein sehr kurzer Überblick der Angaben, die beim neuen Ansatz zur theoretischen Analyse und zur Reliefkartierung des Altaigebirges ermittelt wurde. Aber ich möchte betonen, dass noch nicht alle Probleme gelöst sind. Es bleiben Probleme der geologischen und geomorphologischen Korrelation der Morphoniveaus an einigen Orten, von zerreißenden tektonischen Deformationen der Morphoniveaus und einige andere. Diese Probleme sind Themen für eine Diskussion.

Schlußteil

      Es erwies sich, dass unser Ansatz zur geomorphologischen Kartierung in vielen prinzipiell ähnlich der geologischen Kartierung ist. Offensichtlich könnte die Art und Weise der grafischen Widerspiegelung der Informationen von Struktur, Genese, Alter, Dynamik und Entwicklung aller Natursysteme nur auf diesen methodischen Ansätzen beruhen. Man kann vermuten, dass der neue Ansatz zur geomorphologischen Kartierung und Zusammenstellung der Legende gute Perspektive hat, zur Vereinheitlichung beizutragen. Die Praxis wird darüber sehr bald entscheiden. Unsere Arbeit in Russland nach dieser Methode war schon erfolgreich (W. BUTWILOWSKI, T. BUTWILOWSKI, A. AVVAKUMOV, 1996). 

      Zum Schluss möchte ich betonen, dass die Zusammenstellung geographischer Karten das Hauptziel der geographischen Erforschungen ist. Die Hauptergebnisse der Forschungen in den Geowissenschaften sollten in Kartenform dokumentiert werden. Nur auf Karten kann man die allgemeinen räumlich-zeitlichen Verbindungen der Objekte am besten darstellen, verstehen und nutzen.

Danksagung

Ich möchte insbesondere Dr. rer. nat. Nikolas Prechtel (Institut für Kartographie, TU Dresden) danken, der mir bei der Vorbereitung dieses Aufsatzes geholfen hat, sowie Dr.-Ing. Alexandr Wolodtschenko für die Möglichkeit diesen Aufsatz zu veröffentlichen.

                                                Literatur

  AHNERT F., (1996): Einführung in die Geomorphologie. Verlag Eugen Ulmer, 440 S., 224 Abb., 23 Tab. Stuttgart.

  BUTWILOWSKI, W. (1990): Novaja legenda dlja obscich geomorfologiceskich kart. Teoreticeskoe obosnovanie, informativnost’, sposoby otobrazenija. V kn.: Problemy modelirovanija v geomorfologii. Podchody i metody : Tezisy dokladov k regional’noi skole-seminaru. Novosibirsk. S. 104-106 (in Rußland).

  BUTWILOWSKI, W. (1994):  Chronologiceskie i geneticeskie svojstva rel’efa i princypy geomorfologiceskogo kartografirovanija. V kn.: Vremja i vosrast rel’efa.- Novosibirsk, Nauka. S. 63-72 (in Rußland).

  BUTWILOWSKI, W. (1995):  Osnovy ustrojstva i sposoby razvitija litosfery Zemli. Ucebnoe posobie. Band 1. – Novokuzneck. 108 S., 18 Abb., 9 Tab. (in Rußland).

  BUTWILOWSKI W.& BUTWILOWSKI T. & AVVAKUMOV A.E. (1996): Die Zusammenstellung der geomorphologischen Karte des Altaigebirges im Maßstab 1:500 000, Blätter M-44, 45; N-45: 1230 S., in 8 Bände, mit 20 Karten, 465 Abb., 386 Tabellen. Novokuzneck (in Rußland).

  FJODOROV, B.G. (1989): Zemnaja poverchnost’ i problemy planetarnoj geodinamiki. Izdatel’stvo Leningradskogo universiteta, 216 s. 20 Abb. Leningrad (in Rußland).

   Geomorfologiceskoe kartirovanie, (1978). Nauka, 240 S. Moskva (in Rußland).

   Handbuch der geomorphologischen Detailkartierung (1976). Verlag Ferdinand Hirt, 463 S. 3 Karten. Wien.

   KUGLER, H. u.a., (1980): Allgemeine Geologie, Geomorphologie und Bodengeographie. Studienbücherei Geographie für Lehrer. – VEB Hermann Haack. Band 4. 216 s, 78 Abb., 41 Tabelle. Gotha-Leipzig.

   KUHLE, M. (1990): Quantificational reductionism as a risk in geography instanced by the 1:25000 geomorphological map of the Federal Republic of Germany. – Geogr. pol., B. 58. S. 41-54. 

    LASTOCKIN, A.N. (1991): Morfodinamiceskaja koncepcija obscej geomorfologii.- Izsdatel’stvo Leningradskogo universiteta, 218 S., 4 Abb., 2 Tab. Leningrad (in Rußland).

    LESER, H. (1995): Geomorphologie. Westermann Schulbuchverlag, 218 S., 59 Abb. 4 Tab. Braunschweig

    PENK, W. (1924): Morphologische Analyse.Ein Kapitel der physikalischen Geologie. 283 S.   Stuttgart.

    UFIMCEV, G.F. u.a. (1988): Problemy teoreticeskoj geomorfologii. – Izdatel’stvo Nauka. 256 s, 39 Abb., 12 Tab. Moskwa (in Rußland).

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