Artikel Geomorphologie

Artikel Geomorphologie

Über theoretische Grundlagen der geomorphologischen Kartierung

von Wladimir Butwilowski, TU Dresden, Deutschland

Zusammenfassung. Im vorliegenden Aufsatz wird der Versuch unternommen, neue theoretische Lösungsansätze für die Geomorphologie und die geomorphologische Kartierung zu liefern. Neben Versuchen zur Definition der Begriffe Georelief, Hang, Disjunktivrelief, Sedimentationsrelief werden deren axiomatischen Eigenschaften, die Gesetze ihrer Entwicklung und Entstehung sowie die Kartierungsmethoden diskutiert.

About Theoretical Fundamentals of Geomorphologic Mapping. Summary. In general the study offers new suggestions for solving common problems of geomorphology in theory. Besides proposals for definitions of the terms relief forms, denudation relief and accumulation relief questions of their axiomatic features and rules of their genesis and development are discussed as well as methods of mapping.

De principes théoriques du cadrage cartographique en la géomorphologie. Résumé. Cet traité est un essai d’offrir nouvelles possibilités pour la solution des problemes géomorphologiques. Après des essais de définir  la forme de relief, le relief de denudation et d’accumulation, il y a  une discussion de leures qualités axiomatiques et des principes de leure naissance et de leure évolution, ainsi que des méthodes du cadrage cartographique.

1. Einleitung

Die Diskussion über die Theorie und Praxis der geomorphologischen Kartierung ist schon viele Jahre im Gange (BORISEVITSCH 1950; ERMOLOW 1953; KUGLER 1964; GORELOW 1968; TRICART 1972; GÖBEL, LESER & STÄBLEIN 1973; BARSCH 1976; LESER 1976; SPIRIDONOW 1975; DEMEK 1976; Geomorfologitscheskoe… 1978; LESER & STÄBLEIN 1980; ASTACHOW 1980; GANESCHIN 1979; BARSCH & LIEDTKE 1980; MÄUSBACHER 1985; SPIRIDONOW 1985; UFIMZEW 1988; BUTWILOWSKI 1990; KUHLE 1990; LASTOTSCHKIN 1991; HOFMANN 1993; LASTOTSCHKIN 1998; u.a.). Leider hat diese Diskussion an qualitativ neuen Ideen noch nicht genügend gebracht. Als Ergebnis davon ist z. B. in Rußland bei neuen Anleitungen für geologische Aufnahmen eine geomorphologische Karte nicht mehr erforderlich. Auch in Deutschland ist die geomorphologische Kartierung GMK25 nach Fertigstellung der Musterblätter nicht mehr systematisch fortgeführt werden.

         Die wesentlichen Mängel der geomorphologischen Kartierungssysteme liegen in der theoretischen Konzeption der Geomorphologie und in der Kartensprache und Legende der geomorphologischen Karte. Für die Lösung dieser Probleme sind neue Ideen, ein neuer Ansatz und neue Methoden der Kartierung notwendig. Dabei ist es wichtig zu beachten, daß das Hauptprinzip der Kartenerstellung das Maximum an Informationen bei einem Minimum an Darstellungsmitteln ist, eine maximal mögliche Genauigkeit und Glaubwürdigkeit, sowie die Anordnung der Information entsprechend einem theoretischen Modell der räumlich-zeitlichen und genetischen Verhältnisse der Systemelemente (BUTWILOWSKI 1998).

2. Theoretische Grundvorstellungen der Geomorphologie als Grundlage geomorphologischer Kartierung

Als theoretische Grundlagen der geomorphologischen Kartierung können die Definitionen der geomorphologischen Ausgangsbegriffe, die Gesetze der Entstehung und Entwicklung des Georeliefs, die Vorstellungen über seine Genese, Alter, Dynamik und Prozesse der Entwicklung gelten (BUTWILOWSKI 1990, 1998). Die Definitionen der wichtigsten Ausgangsbegriffe der Geomorphologie sind von mir folgendermaßen formuliert und axiomatisch angenommen. Die „Form“ ist die wahrgenommene Gestalt eines Dings, die dessen Eigenschaften und charakteristischen Raum äußert und von ihnen geschaffen ist. Die Form der Oberfläche hat eine Konfiguration. Die „Konfiguration“ ist die Gesamtheit der unterschiedlich orientierten und unterschiedlich geneigten ebenen geometrischen Figuren [gestreckte, ebene Flächen, im Raum geneigt], die diese Oberfläche zusammenstellen. Das „Georelief“ ist eine Gestalt und Konfiguration der Erdoberfläche. Die „Geomorphologie“ ist eine Abteilung der Geologie, die das Georelief erkennt und die gewonnenen Informationen räumlich und zeitlich interpretiert. Sie erkennt alles, was dem Begriff „Georelief“ und der theoretischen Interpretation der Eigenschaften des Georeliefs zugehört ohne weitere Präzisierung, weil alles, was das Georelief charakterisiert und ihm eigen ist (Konfiguration, Struktur, Stoffeigenschaften, Dynamik, Genese, Geschichte der Entstehung und Entwicklung usw.), absolut gleichberechtigt ist. Die Erkenntnis dieses Ganzen ist Ziel, Problem und Aufgabe der Geomorphologie.

    Um das Georelief zu analysieren, muß man definieren, was eine elementare gleichartige Ausgangseinheit des Georeliefs ist, die alle Arten seiner Eigenschaften hat, die im gegebenen Maßstab nicht sinnvoll in kleinere Teile gespalten werden und die ganze Vielfalt des Georeliefs zusammensetzen kann. Die „Einheit“ der Oberfläche darf nur ein Teil dieser Oberfläche sein und sie ist die „Fazette“, die H. KUGLER richtig definiert hat [„Fazetten sind die Teilflächen mit einheitlicher Neigung und Exposition des Reliefs“ (zit. in KUGLER et al. 1980, S. 81)]. Die realen Teile des Georeliefs, die den auf der Karte bezeichneten Fazetten entsprechen, sind immer uneben und rauh. Nennen wir diese reale Fläche „Hang“. Die Bestandteile des Georeliefs (die Hänge und ihre Kombinationen) sind im Raum verschiedenartig angeordnet und bilden seine Morphostruktur oder den geomorphologischen Aufbau. Man kann die Struktur als Form der Anordnung der Elemente und Teile des Ganzen in bezug auf andere Elemente und das Ganze definieren. Die „Morphostruktur“ ist eine Form der Anordnung der Hänge im Verhältnis zueinander, durch ihre Lage, Gestalt und Abfolge im Georelief geäußert. Für die Bezeichnung besonderer Eigenschaften des Hanges, die im Moment seiner Entstehung ihm zu eigen wurden, ist es nötig und zweckmäßig, den Begriff „Genese“ einzuführen.  Die Genese ist die Menge der stofflichen und morphologischen Eigenschaften, die der [Hang] bei seiner Entstehung erhalten hat, durch die man den Faktor und die Art und Weise der Hangbildung ermitteln und diesen Hang benennen kann.

       Empirisch ist bekannt und schon lange bewiesen (PENCK 1924), daß das Georelief auf zweierlei Art und Weise entwickelt wird: 1. durch den Abbruch und Abtrag der Gesteinsteilchen von einigen Reliefeinheiten; 2. durch die Anhäufung dieser Teilchen auf anderen Reliefeinheiten. Diese Prozesse sind immer räumlich getrennt (diskret zu einander), weil dort, wo Abtragung erfolgt, gleichzeitig keine Anhäufung sein kann. Das ist eines der wichtigsten Axiome der Geomorphologie. Es führt uns zur Zulassung der Aufteilung des Georeliefs und seiner Entwicklungsprozesse in zwei entgegengesetzte Kategorien: die Hänge des Abbruches und Abtrags (Disjunktivhänge, Denudationsprozesse) und die Hänge der Anhäufung (Sedimentationshänge, Akkumulationsprozesse). Diese Hänge sind diskret zueinander, aber sie stehen funktional und proportional in Zusammenhang, und zwar: die Verstärkung (bzw. Abschwächung) der Stoffabtragung (Denudation) von Disjunktivhängen führt zur gleich großen (bzw. gleich kleinen) Stoffanhäufung (Akkumulation) auf den Sedimentationshängen in geschlossenen Niederungsbereichen des Georeliefs.

2.1. Disjunktivrelief

Nehmen wir an, daß das Disjunktivrelief ein Abschnitt des Georeliefs ist, der diskordant zu den Texturen der von ihm ausgestalteten Gesteinsschichten ist, und wo in jedem Punkt die Denudation der Gesteine verläuft. Aus der Definition „Disjunktivrelief“ (kurz DR) sind formal folgende Axiome, die das Disjunktivreliefbetreffen, zulässig:

  • Das DR entsteht nur durch Zerreißen und Verschiebung geologischer Körper voneinander, es existiert und entwickelt sich nur durch die Stoffabtragung (Denudation) der Lithosphäre von allen seinen Punkten.
  • In jedem Punkt des DR hat die Stoffbilanz immer einen negativen Saldo, d.h. das DR hat innerhalb seiner Grenzen keine Akkumulationsbereiche.
  • In Bereichen der Wirkung der Denudation werden die Hänge zurückverlegt, und hier läuft auch die Dekompaktion der Lithosphäre.
  • Prozesse der Dekompaktion und Denudation bedingen innerhalb der Grenzen des DR die mögliche Existenz einer ihm stellenweise konkordanten lockeren Verwitterungsschicht, und diese Schicht muß sich in laterale Richtung ununterbrochen bewegen („bewegliche Schicht“).
  • Im DR wirkt die Denudation ununterbrochen; gleich nachdem sie endet, verliert das DR sofort seinen Status.

         Diese Definition und Axiome ermöglichen, die Disjunktivhänge im Georelief genau zu bestimmen. Aus der Anerkennung der obengenannten formalen Eigenschaften des DR ergibt sich die Möglichkeit und die Notwendigkeit, einige Gesetze über die Kinematik der denudativen Entwicklung des Georeliefs vorzuschlagen (BUTWILOWSKI 1995, 1998):

  • Erstes Gesetz: Unter der Bedingung der ununterbrochenen Wirkung verläuft und äußert sich die Denudation als das gleiche horizontale Verschieben (Rückverlegung) aller Punkte des Hanges (Hänge), d.h. es muß eine Rückverlegung der Hänge parallel zu sich selbst laufen. Anders gesagt, die Entwicklung des DR unter der Bedingung der Erhaltung seines Status ist nur bei gleicher horizontaler Rückverlegung (S) aller seiner Punkte möglich.
  • Zweites Gesetz: Von steileren Hängen wird immer eine größere Dicke (Mächtigkeit D) des Lockermaterials (Gesteinsteile) denudiert als gleichzeitig von flacheren Hängen, wobei sie um so größer ist, je steiler der Hang des DR ist.

Dieses Verhältnis kann mit der Formel       D = S * sin a    beschrieben werden, wobei S die Größe der horizontalen Rückverlegung des Hanges und a der Winkel der Hangneigung ist. Dieses Gesetz ist die logische und geometrische Folge des ersten Gesetzes.

  • Drittes Gesetz: Auf einem Abtragungsbereich darf die höher liegende Gesamtheit der Disjunktivhänge nicht schneller zurückverlegt werden als die niedriger liegenden Disjunktivhänge.

Die Realität der Wirkung dieser Gesetze findet nicht nur theoretische, sondern auch empirische Beweise (BUTWILOWSKI 1995, 1998).

       Nach dem Zerreißen der Gesteine und der Entstehung eines disjunktiven Hanges verläuft bei unveränderter Lage der Denudationsbasis seine denudative Transformation, und zwar: aus dem vertikalen Hang wird ein flacher Hang gebildet. Aber der Zyklus der Transformation des Hanges kann sich nur bis zu 5 mal wiederholen, wobei sich die Neigung des Hanges immer halbiert  und  bei 1,4° ihre Grenze erreicht, weil bei geringerer Neigung die Denudation unter alleiniger Wirkung der Schwerkraft unmöglich ist. Das Verhältnis zwischen den Neigungswinkeln jedes nachfolgenden transformierten Hanges (Ai ) und des vorangehenden Hanges (Ai-1) kann man mit der Formel beschreiben:   Ai  = Ai‑1 / 2 .

Sie formuliert das Gesetz der Kinematik der Umwandlung („Gesetz der Transformation“) des Hanges bei unveränderter Lage der Denudationsbasis und gemeinsamer Wirkung der Denudation und Akkumulation. Der Prozeß der Transformation des Abbruches hört nur dann auf, wenn alle abtragbaren Stoffteilchen vom ganzen transformierenden Hang wegtransportiert werden. Das ist in dem Fall möglich, wenn derselbe Bruch in der Erdkruste, der diesen Abbruch geschaffen hat, wieder aktiv wird und im Georelief ein neuer Abbruch als vertikale Fortsetzung des alten Abbruches entsteht. Dieser neue Abbruch gibt dem über ihm liegenden, aus dem alten Abbruch transformierten Disjunktivhang die Möglichkeit, sich ganz schnell von überdeckenden Sedimenten zu befreien und zu beginnen, sich entsprechend den Gesetzen der Denudation zu entwickeln, parallel zu sich selbst „zurückzutreten“.

        Empirisch ist festgestellt, daß die Morphologie des DR verschiedenartig ist, meist stufenförmig, am häufigsten beobachtet man steile Hänge. Im Laufe der Entwicklung strebt das DR nach einer Verringerung seiner Steilheit. Es strebt zur, aber erreicht niemals die ideale horizontale Neigung. Die Denudation der felsigen Gesteine, aus welchen das DR gewöhnlich aufgebaut ist, verläuft sehr langsam und gesetzmäßig. Deshalb kann sich die Grundstruktur des DR nicht umgestalten, es sind allenfalls lokale Variationen möglich. Sie kann sich selbst durch langsame Rückverlegung der gegenüberliegenden anstoßenden Hänge auf den höchsten Niveaus vernichten.

2.2. Sedimentationsrelief

Die zweite Hauptgruppe der Hänge (Unebenheiten) entsteht durch die Sedimentation. Nehmen wir an, daß das Sedimentationsrelief (kurz SR) ein Abschnitt des Georeliefs ist, das sich durch die Anhäufung der Gesteinteilchen bildet und konkordant zu Gesteinsschichten ist. Daraus folgt axiomatisch, daß dasSedimentationsrelief unmittelbar durch die Bildung (Anhäufung) der geologischen Körper geschaffen wird und immer konkordant zu der Textur dieser Körper ist. Es ist identisch mit dem Teil des geologischen Körpers, der auf der Erdoberfläche zu Tage tritt. Aus dieser Definition sind formal folgende Axiome, die das Sedimentationsrelief betreffen, zulässig:

  • Das SR bildet sich durch Stoffanhäufung in jedem seiner Punkte bei einem positiven Saldo der Stoffbilanz.
  • Das SR ist eine äußere Grenzfläche des Sedimentes und völlig konkordant zu ihm, d. h. seine Geometrie ist der Geometrie der inneren Textur der von ihm ausgestalteten Sedimente gleich. 
  • In Bereichen der Wirkung der Akkumulation erhöhen sich die Hänge ständig und hinterlassen zu ihnen konkordante Sedimentschichten; hier läuft auch die Kompaktion der Sedimente.
  • Das SR entsteht im Moment des Beginns der Wirkung der Akkumulation. Sein Alter ist gleich dem Alter des ältesten Sediments, das es aufbaut.
  • Am Ende der Akkumulation beginnt sofort die Denudation der Sedimente des SR, aber das SR bleibt erhalten (wenn seine Denudationsbasis niedriger als seine untere Grenze liegt), solange die letze zu ihm konkordante Schicht nicht abgetragen ist. Dabei ändert sich die Morphologie seiner Hänge nicht, da die Denudation und die Verdichtung [Kompaktion] der Sedimente die Ähnlichkeit zu den ursprünglichen Hängen bewahren.

      Diese Definition und Axiome ermöglichen, die Sedimentationshänge im Georelief genau zu bestimmen. Aus diesen Axiomen ergibt sich die Möglichkeit, einige Gesetze der Kinematik der Entstehung und Entwicklung des SR vorzuschlagen (BUTWILOWSKI 1995, 1998):

  • Erstes Gesetz: Unter der Bedingung der ununterbrochenen Wirkung läuft und äußert sich die Akkumulation als das gleiche vertikale Anheben (Wachsen) der Hänge in allen ihren Punkten. Anders gesagt, das „Wachstum“ des SR ist unter ständiger Wirkung der Akkumulation nur durch die gleiche vertikale Erhöhung (H) jedes seiner Punkte möglich. Das SR migriert in den Raum und bleibt dabei ähnlich zu sich selbst.
  • Zweites Gesetz: Auf steileren Hängen wird immer eine kleinere Dicke (wahre Mächtigkeit) der Gesteine akkumuliert als gleichzeitig auf flacheren Hängen, und zwar um so weniger, je steiler der Hang des SR ist. Anders gesagt, die Größe (die Dicke, wahre Mächtigkeit) der auf einer Flächeneinheit in einer Zeiteinheit akkumulierenden Stoffschicht (Da) ist der Größe der Neigungswinkel der Sedimentationshänge bei sonst gleichen Bedingungen umgekehrt proportional.Dieses Verhältnis kann mit der Formel        Da = H * cos a,    beschrieben werden, wobei H die Größe der vertikalen Erhebung bei der Akkumulation, a der Winkel der Hangneigung und Da die wahre Mächtigkeit der Sedimentationsschicht ist.
  • Drittes Gesetz: Auf einem Akkumulationsbereich darf sich die höher liegende Gesamtheit der Sedimentationshänge im Akkumulationsverlauf nicht schneller erheben als die darunter liegenden.
  • Viertes Gesetz: Das vertikale Absinken des SR bei der Kompaktion seiner Sedimente ohne Verletzung des Status als SR ist nur bei gleichem vertikalen Senkungsbetrag an jedem Punkt möglich. Im gegenteiligen Fall entsteht hier sofort ein Bruch in den Sedimenten und ein Disjunktivhang (Abbruch), und das SR verliert seinen Status.
  • Fünftes Gesetz: Die Größe des vertikalen Absinkens (Hp) der Punkte des SR hängt von der mittleren Korngröße (K) der Teilchen und der vertikalen Mächtigkeit (M) jeder zu diesem SR konkordanten Schicht ab und ist mit der Formel       Hp = M *  [ 1 – K / (K + L)  – (100 – N) / 100 ],    definiert; L ist die Schichtdicke des mit den Teilchen verbundenen Wassers (ungefähr 1 Mikrometer) und N ist das Porenvolumen (von 0,4 bis 90%) der Sedimente.

        Die Realität der Wirkung dieser Gesetze findet nicht nur theoretische, sondern auch empirische Beweise (BUTWILOWSKI 1995, 1998). Empirisch ist festgestellt (PENCK 1924; LESER 1995; AHNERT 1996; u.a.), daß die Morphologie des SR verschiedenartig ist. Meistens ist es flach. Aber im Laufe der ständigen Akkumulation tendiert es dazu, die allgemeine Steilheit des SR durch die Entstehung neuer SR-Hänge zu vergrößern. So wird z.B. bei vulkanischer Akkumulation fast die Vertikale erreicht. Die Anwesenheit des Lockermaterials an seiner Oberfläche führt dazu, daß sich das SR geologisch schnell umbauen und seine Art und Struktur ändern oder an einem Ort verschwinden und an einem anderen rasch neu entstehen kann. Die Textur der Sedimente und die Struktur des SR lassen die Dynamik der Akkumulation des SR einschätzen.

2.3. Alter und Genese des Georeliefs

Es ist schon lange empirisch festgestellt, daß die Hänge nicht gleichzeitig entstehen. Dementsprechend trägt jeder Hang eine Information, die man zeitlich relativ und nach Art der Entstehung typisieren kann und als eine Entwicklungsgeschichte des Georeliefs darstellen kann. Zur Festlegung dieser Information ist die Einführung des Begriffes „geomorphologisches Alter“ notwendig. Das geomorphologische Alter eines Hanges ist der Zeitpunkt in der Abfolge von Zeitpunkten der Entstehung anderer Hänge (der Platz in der Abfolge von Hängen), die vor und nach diesem Hang entstanden sind. Es ist eine Menge von geomorphologischen Ereignissen nach dem Ereignis der Entstehung dieser Reliefeinheit. Der Entstehungsmoment einer Reliefeinheit ist ein Momentanereignis, bei dem diese Reliefeinheit ihren individuellen Platz (sowie Gestalt und Genese) in der Abfolge der Entstehung anderer Reliefeinheiten erhalten hat. Das geomorphologische Alter eines Hanges wird mit dem Alter anderer Hänge im Sinne des Verhältnisses „früher-später“ verglichen und abgeschätzt. Dazu dient das Axiom von W. DOKUTSCHAEW (1949), das nur für das DR gilt: jeder benachbarte, in der Abfolge von Hängen niedriger liegende Hang ist später gebildet als der benachbarte höher liegende Hang. Daraus und aus den Gesetzen des DR folgt seine Haupteigenschaft: die Fähigkeit, über die Zeit seiner nachfolgenden Entwicklung Informationen über das Alter der Bildung seiner Struktur zu bewahren. Die Hänge des SR haben keine strenge Altersabfolge in Abhängigkeit von ihrer Höhenlage. Ihr Alter entspricht dem geologischen Alter ihres ältesten konkordanten Gesteins [Sediments].

          Jeder Hang ist aus dem Stoff durch die Bewegungen von Agenzien [Triebmedien](z.B. Wasser, Wind, Eis) geschaffen und hat deren Merkmale oder „Gene“ ererbt. Die Genese kann man ausführlich durch den Stoff und die Textur der Sedimente erkennen. Deshalb ist das SR sehr informativ für die Feststellung seiner Genese. Aber eine vollständige Information über die Genese des DR kann oft nicht festgestellt werden. Seine Hänge sind meist schon weit von ihrem „Geburtsort“ zurückverlegt, und oft fehlt ein Nachweis vom Faktor ihrer Entstehung. Deswegen sollte man seine Genese als allgemein „disjunktiv“ annehmen. Diese entgegengesetzten Georelieftypen haben unterschiedliche Verhältnisse im Raum, die durch die Kartierung festgestellt werden können. Es ist auch wichtig, die Prozesse und Dynamik der Georeliefentwicklung festzustellen und zu kartieren. Die vorgeschlagenen Axiome, Prinzipien und Gesetze sind vor allem theoretische Auffassungen, die die geomorphologische Realität abstrahieren. Aber ohne solch einen Ansatz ist es unmöglich, die Wissenschaft zu entwickeln und ihren praktischen Wert zu steigern. Das bestätigen auch die Beispiele der Physik, Chemie, Biologie usw. Die Erkenntnisse über die Bildung und Entwicklung der Hänge lassen morphologische, genetische und chronologische Klassifikationen sowie Klassifikationen der endogenen und exogenen geologischen Prozesse vorschlagen (BUTWILOWSKI 1995, Tab. 6; 7). Diese Klassifikationen und theoretischen Kenntnisse kann man bei der geomorphologischen Kartierung nutzen.

3. Methodologie eines neuen Ansatzes der geomorphologischen Kartierung

Das Ziel der geomorphologischen Kartierung ist eine exakte Darstellung der räumlich-zeitlichen Struktur des Georeliefs, seiner Genese, Dynamik und Geschichte der Entwicklung. Diese Kartierung sollte sich auf folgende Grundlagen, die bereits entworfen sind, stützen: 1. morphologische Ausgangselemente des Georeliefs; 2. Gesetze und Prozesse der Entwicklung des DR und SR; 3. Theorie der Morphostratigraphie; 4. universelle und einfache geomorphologische Kartensprache; 5. morphogenetische Klassifikationen; 6. morphostratigraphische Klassifikationen; 7. allgemeine und regionale geomorphologische Legenden.

Fig. 1: Beispiel der Auszeichnung der Hänge (Fazetten) auf einem fiktiven Kartenausschnitt (die Hänge sind mit dicken Linien begrenzt).

      Die Prinzipien der Methodologie dieser geomorphologischen Kartierung sind sehr einfach und können kurz wie folgt vorgestellt werden. Man sollte zuerst alle Reliefelemente in der topographischen Karte ausweisen. Dieses Verfahren ist sehr leicht und exakt (Fig. 1), weil die Merkmale der Hänge exakt definiert sind. Als zweiter Arbeitsschritt  ist die Einteilung des Georeliefs in DR und SR erforderlich. Obwohl die Begriffe SR und DR auch exakt definiert sind, erfordert dieses Verfahren nicht nur topographische Angaben, sondern auch eine Analyse geologischer Karten sowie geologisch-geomorphologische Geländeerkundungen. Dann muß man jedes dieser Reliefbestandteile einzeln analysieren. Die Hänge des DR muß man zu Morphoniveaus zusammenfassen; für dieses Verfahren reichen gewöhnlich die Daten (Isohypsen) topographischer Karten aus. Das Morphoniveau ist die Gesamtheit der Hänge des DR, die sich auf ein und dieselbe Nahtlinie stützen. Es muß sich immer von den benachbarten Morphoniveaus durch seine Neigung unterscheiden, d. h. immer steiler oder flacher als darüber und darunter liegende benachbarte Morphoniveaus sein (Fig. 2.). Das Morphoniveau hat einen Informationsgehalt, der mit dem geologischen Begriff „Horizont“ vergleichbar ist und für die geomorphologische räumlich-zeitliche Synchronisierung der Hänge des DR notwendig ist. Die Morphoniveaus gruppieren sich zeitlich nach dem Axiom „je niedriger, desto jünger“, und bilden im DR die verschiedenen Alterseinheiten. Aber ihre Genese ist immer nur von einem Typ, und zwar disjunktiv. Man kann für disjunktive Hänge nur ihre rezenten oder jüngsten denudativen Prozesse mit Hilfe der Feldbeobachtungen ermitteln sowie die Dynamik des Transformationsstadiums der Hänge durch ihre Morphologie erkunden; und das ist auch eine nützliche Information des DR, dessen hauptsächliche Eigenschaften seine Morphologie und Altersabfolge sind.

Fig. 2: Beispiel für die Auszeichnung der Morphoniveaus des DR im Altai -Mittelgebirge (Die Lage der Nahtlinien ist horizontal und unverändert in durch Sedimentation getrennten Bereichen.)

         Die bedeutendste Eigenschaft des SR ist neben seiner Morphologie seine Genese, die sich aus der Stofftextur ermitteln läßt. Dazu braucht man geologische und geomorphologische Daten von Geländeerkundungen. Die chronologischen Eigenschaften des SR sind nicht überall gesetzmäßig. Das Alter seiner Hänge ist in seiner räumlichen Anordnung oft verworren innerhalb des SR und im Verhältnis zu disjunktiven Hängen. Es wird durch die Lagebeziehung der Hänge, aber auch durch geologische, physikalische, archäologische und chemische Methoden entschlüsselt. In diesem Falle ist das Alter des SR keine „geomorphologische Zeitangabe“ und befindet sich außerhalb der geomorphologischen Abfolge, aber man kann es mit dieser Abfolge durch die Verhältnisse der Hänge und Sedimente vergleichen und synchronisieren. Das geomorphologische Alter des SR wird oft nicht exakt festgestellt und kann nicht als eine Haupteigenschaft auf der Karte gezeigt werden. Man kann auch auf SR-Hängen die rezenten denudativen oder akkumulativen Prozesse mit Hilfe von Feldbeobachtungen aufdecken sowie die Dynamik der Hangentstehung durch die Morphologie der Hänge und durch das Substrat erkunden – und das ist auch eine sehr nützliche Information des SR.

          Man braucht auch einen neuen Ansatz zur Organisation der Kartensprache und Signaturen bei der Erstellung der geomorphologischen Karte und ihrer Legende. Die Legende stellt ein Schlüsselelement der Kartensprache und des Karteninhaltes dar, d. h. sie drückt die Struktur der Sprache, ihren Inhalt, ihre Regeln, ihre Syntax sowie die wichtigsten Informationen über das Kartierungsobjekt aus. Die Legende muß auch unbedingt der geomorphologischen Theorie, dem Modell vom Georelief entsprechen. Nur dann wird die Kartensprache gut und exakt die Informationen übergeben. Die kartographische Informationsübermittlung muß einfach und anschaulich sein, dazu braucht man möglichst wenige Zeichenelemente: nur Linien, Farben, Zeichen, Buchstaben und ihre sehr deutlich erkennbaren Varianten. Die Information auf der Karte ist immer exakt an den Raum gebunden und immer inhaltsreicher als die Information, die sich im Text der Legende findet. Deshalb ist es nötig, daß die Legende nur wenig Erklärungstext enthält, und die Texte nur exakte allgemeine Informationen enthalten, die für alle von der konkreten Signatur dargestellten Objekte gelten. Die Zusatzinformationen sollen nur die Kartensprache und ihre Signaturen behandeln. Um genügend Informationen aufnehmen zu können, muß fast jeder Signaturentyp gleichzeitig mehrere Informationstypen darstellen. Das gilt vor allem für punktförmige Signaturen (Symbole), bei denen über Form, Farbe, Größe, Orientierung gleichzeitig bis zu 5 Typen an Information übertragen werden können. Die Signaturen müssen wie Buchstaben im Buch „funktionieren“, nicht wie hunderte Hieroglyphen. Vor allem die Kombinationen von Signaturen auf der Karte und die Struktur der Legende müssen die Informationen vom Georelief darstellen, und nicht nur der Text der Legende. Eine Karte, die eine Legende mit vielen Texterklärungen hat, ist kompliziert in der Informationsvermittlung und hat weniger Informationsinhalt als eine Karte, in der die Signaturen viele Kombinationen zulassen. Um solche Signaturen zu schaffen, sollten Signaturerklärungen in der Legende sehr kurz, exakt formuliert und spezialisiert sein.

         Die wichtigste Eigenschaften des Georeliefs sind das Alter des DR und die Genese des SR. Nur Farben sollten diese Eigenschaften widerspiegeln, weil die Farbe am anschaulichsten ist. Dabei muß jede Farbe zwei Informationsarten darstellen können: das Alter des DR und die Genese des SR., z. B. kann die grüne Farbe die Information über mesozoisches Alter für das DR und über fluviale Genese für das SR wiedergeben. Einen solchen Ansatz erlaubt die Theorie der Geomorphologie. Wir dürfen die Farben nicht nur für das Alter von DR und SR oder nur für die Genese von SR und DR verwenden, weil das Alter oder die Genese in beiden Georeliefreichen mit theoretisch ganz unterschiedlichen Entstehungsverfahren verbunden sind. „Mesozoisches“ Alter des DR ist nicht gleich dem „mesozoischen“ Alter des SR, weil das Alter der beiden mit unterschiedlichen Methoden festgestellt wird und es zwischen der Bildung der beiden eine unbestimmte Zeitspanne für den Stofftransport gibt. Zuerst entsteht der disjunktive Abbruch (Hang) und nur danach entsteht ein mit ihm verbundener Sedimentationshang, deshalb ist ihr Alter nicht ganz genau gleich. Deswegen kann man die Farben für die Abbildung nur einer Eigenschaft des DR oder SR zuordnen, z. B. nur dem Alter des DR. Das ist zu wenig für das Potential der Informationswiedergabe von Farben. Deshalb muß man die Farbe als Träger der Informationen über das Alter des DR und über die Genese des SR zuweisen. Das widerspricht der geomorphologischen Theorie nicht, weil in diesem Fall die Farben voneinander unabhängige Eigenschaften bezeichnen. Um anschaulicher zu sein, muß die Farbe, die die Genese bezeichnet, immer grell sein, und die gleiche Farbe, die das Alter bezeichnet, muß immer blass sein. Wenn nicht auf diese Weise gelöst, werden die geomorphologischen Karten schwer lesbar und verständlich bleiben. Das wäre auch so bei geologischen Karten, wenn ihre Farbverwendung nicht genauso bestimmt wäre.

Fig. 3: Struktur der Legende allgemeiner geomorphologischer Karten

         Die Informationen von Morphologie, Genesearten, rezenten und relikten geologischen Prozessen, Dynamik und Transformationstadien des DR und des SR muß man durch verschiedene punktförmige Signaturen und Linearsignaturen wiedergeben. Diese Eigenschaften des DR sollten durch bunte punktförmige und linienförmige Signaturen dargestellt werden, wobei ihre Farbe (grau oder schwarz) einen relikten (für SR) oder rezenten (für DR) Prozeßtyp bezeichnet (andere Farben – die genetischen Arten des DR oder genetische Typen der rezenten Prozesse). Die Formarten der punktförmigen Signaturen bezeichnen die Morphologie (Neigung und Transformationsstadium) des DR und ihre Größe gibt die Dynamik der Prozesse wieder. Die genetischen und morphologischen Verschiedenheiten des SR werden durch schwarze Zeichen wiedergegeben. Die Zeichengröße weist auf die Dynamik der Akkumulationsprozesse hin. Die heutigen, auf dem SR wirkenden Denudationsprozesse werden entsprechend der Prozesse im DR dargestellt. Das Alter und die Genese des SR und DR werden durch Buchstabenindexe bezeichnet.

          Das prinzipielle Schema der Struktur meiner Variante der Legende ist in Fig. 3. dargestellt. Die Legende besteht aus zwei Kolonnen: 1. die Kolonne der Altersabfolge des DR, in der die kartierten morphostratigrafischen Abteilungen (Morphoniveaus) von oben nach unten in der Abfolge von der ältesten zur jüngsten Abteilung geordnet sind (im realen Georelief ist es genauso); 2. die Kolonne der Sedimentationsmorphokomplexe auch in der Abfolge der Morphokomplexe vom ältesten zum jüngsten, die dabei mit den Abteilungen des DR synchronisiert sind. Die Kolonnen werden von morphodynamischen, morphogenetischen und anderen Kartenzeichen ergänzt. Solch eine Konstruktion der Legende ist logisch, sparsam und effektiv. Die Legende und gemäß dieser Legende zusammengestellte Karten haben 5 Schichten der geomorphologischen Informationen für SR und DR sowie zusätzlich eine vereinfachte topographische Grundlage (Fig. 4).

Fig. 4: Informationsschichten der geomorphologischen Karte und ihre Darstellungsweise nach der Legende von W. Butwilowski.

        Es ist auch zu betonen, daß man die geomorphologische Forschung und Kartierung in kleinen Maßstäben beginnen sollte, ein ganzes Einzugsgebiet von miteinander verbundenen Denudations- und Akkumulationsbereichen umfassend. Das läßt am Anfang die räumlich-zeitlichen Hauptgesetzmäßigkeiten der geomorphologischen Abfolgen des DR bestimmen und ihre Synchronisation miteinander und mit den Sedimentationskomplexen durchführen, damit die allgemeine Struktur der Legende für die nachfolgende lokale und detaillierte Kartierung geschaffen werden kann. Es ist klar, daß der Prozeß der Erkenntnis der Genese des SR sowie der Altersabfolge des DR ein sich entwickelnder und „vertiefender“ Prozeß ist, der in sich die Bestimmtheit und Unbestimmtheit des Wissens über das Georelief einschließt. Die Karte wird dabei den Erkenntniszustand des Reliefs zur Zeit der Erforschung äußern.

         Das vorgeschlagene System der geomorphologischen Kartierung ist ungewollt im Prinzip dem geologischen Kartierungssystem ähnlich geworden. Man kann sicher sein, daß das Verfahren der graphischen Darstellung der Informationen über die Entwicklung aller Natursysteme nur auf solche Prinzipien gestützt werden sollte und immer und für alle ähnlich sein sollte; d. h., daß die neuen Prinzipien der geomorphologischer Kartierung und Legende viele Voraussetzungen haben, unifiziert zu werden (wie früher die geologische Kartierung unifiziert wurde). Natürlich sollten diese Prinzipien durch eine schnelle Approbation eingeschätzt werden. Unsere Arbeit nach den vorgeschlagenen Methoden war erfolgreich und diese Methoden sind praktisch realisierbar.

4. Einige angewandte Ergebnisse durchgeführter Kartierungsarbeiten

Als Beispiel für die Effektivität dieser Kartierungsmethoden möchte ich einige Ergebnisse vom Altai-Gebirge kurz darstellen. Im Maßstab 1:500000 sind hier 9 Morphoniveaus ausgeschieden worden (BUTWILOWSKI 1998, Fig. 4). Sechs davon sind relativ steil und drei relativ flach. Der Höhenunterschied jedes Morphoniveaus und seine Steilheit zeugt von der Intensität der vertikalen tektonischen Bewegungen und von der Dauer der Transformation des Morphoniveaus zur Zeit seiner Bildung. In der Lateralen dehnen sich viele Morphoniveaus mehrere hundert Kilometer aus und umrahmen die Bergketten. Die Höhen ihrer Nahtlinien verändern sich entlang ihrer Erstreckung um 500 – 1000 m, was tektonische Deformationen des Georeliefs anzeigt, die nach der Bildung eines Morphoniveaus stattgefunden haben. Die Analyse der korrelaten Sedimente und Verhältnisse der Morphoniveaus mit der geologischen Struktur hat gezeigt, daß das Alter einzelner Reliefanteile im Altai meist viel größer ist, als man früher angenommen hat. Nur 5% der Fläche hat das Georelief am Känozoikum, aber 75% ein Georelief, das im Mesozoikum entstanden ist. 12% der Fläche, die vom Hochgebirge aus proterozoischen Gesteinen eingenommen werden, haben herzinisches und sogar kaledonisches Alter. Infolgedessen ändern sich auch die wissenschaftlichen Vorstellungen über die Entwicklungsgeschichte dieser Region. Diese Geschichte gliedert sich in 3 lange Perioden von Denudation und Einebnung und in 4 Perioden der Gebirgshebung, von denen die ältesten die größte Intensität und Amplitude hatten (mehr als 1500 m). Man muß betonen, daß die Gestalt des Georeliefs, die Höhe und Neigungen der Hänge hier in ähnlicher Art über viele Dutzende und Hunderte Millionen Jahre existieren. Sie sind die Kopien alter Formen des Georeliefs und sind im Laufe der Entwicklung von den Ursprüngen ihrer Entstehung von 10-30 km bis 100 – 300 km zurückverlegt worden. Das sind neue Erkenntnisse, die sich aus der Kartierung und exakten Analyse des Georeliefs ergeben haben. Sie unterscheiden sich von anderen Vorstellungen über das Georelief dieses Gebirges fundamental. 

     Diese neuen Erkenntnisse helfen zusätzlich viele Probleme des geologischen Aufbaues, des Magmatismus, der Lagerstätten der Region besser zu erklären und diese Ergebnisse werden schon praktisch angewendet. Als Beispiele dafür dienen die angewandten geomorphologischen Karten und Profile, die bei der Golderschließung und Suche der verschiedenen Mineralien hergestellt und verwendet werden. Das ist nur ein kleiner Bereich der Anwendungsmöglichkeiten der Geomorphologie und geomorphologischen Kartierung. Das überzeugt sicher, wie nützlich die geomorphologischen Karten sein können. Geomorphologische Daten sind die wichtigsten Grundlagen für viele wissenschaftliche Bereiche, aber leider fehlt meiner Meinung nach noch ihre richtige Nutzung.

Danksagung. Ich möchte Herrn Dipl. Ing. Andreas Richter (Institut für Geodäsie, TU Dresden) für die Hilfe bei der Vorbereitung dieses Aufsatzes herzlich danken sowie der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Unterstützung dieses Forschungsthemas (Projekt BU 1205/1-1).

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